In einem Interview schildert Prof. Dr. Frank A. Ewert, wissenschaftlicher Direktor des Leibniz-Zentrums für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) und Sprecher von NFDI4Agri, seine persönlichen Erwarten an NFDI4Agri und der gesamten NFDI-Initiative.

Herr Prof. Ewert, was hat Sie bewegt, NFDI4Agri-Sprecher zu werden?

Das ZALF ist in nationalen und internationalen Fachkreisen sehr gut bekannt und vernetzt. Wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen in der gezielten Vernetzung von grundlagen- und anwendungsorientierten Forschungsakteuren sowie in der inter- und transdisziplinären Forschung insgesamt. Wir haben in den letzten Jahren wichtige Erfahrungen bei der Entwicklung von Forschungsdateninfrastrukturen sammeln können und auch organisatorisch den Datenbereich prominent verankert. Das ZALF bringt also wertvolle Erfahrungen und Netzwerkinfrastruktur in das Konsortium ein und wir hoffen, hier gut als Multiplikator agieren zu können.

Was erwarten Sie von der NFDI-Initiative?

In der gemeinsamen Nutzung und gezielten Vernetzung von Forschungsdaten liegt ein großes Potential für unsere und angrenzende Disziplinen. Hier sehe ich enorme Chancen für Wissenszugewinne zur Lösung von zentralen Herausforderungen in der Agrar-, Umwelt- und Klimaforschung. Mithilfe von Big Data, Machine Learning, neuen Simulations- und Modellierungsansätzen und innovativen Technologien erleben wir eine Zeitenwende in der datenbasierten Forschung, an die wir den Anschluss nicht verlieren dürfen. Die NFDI-Initiative bringt uns auf Augenhöhe mit Entwicklungen, die wir in anderen Bereichen, etwa rund um Industrie 4.0, in den letzten Jahren gesehen haben.

Welche Bedeutung hat modernes Forschungsdatenmanagement und die Bereitstellung von Daten für Sie und ihre Einrichtung?

Modernes Forschungsdatenmanagement wird immer wichtiger. Daten und Informationen bereichs-, projekt- und disziplinübergreifend verfügbar machen: Daran arbeiten wir am ZALF schon seit vielen Jahren intensiv, u. a. mit einer eigenen Datenpolicy für Open Research Data, seit 2018 auch in einer eigenen Forschungsplattform mit weiteren darauf abgestimmten Services. 2015 konnten wir zudem das BonaRes-Datenzentrum am ZALF ansiedeln und damit federführend den Aufbau einer weltweit einzigartigen Datenplattform begleiten, in der bodenbezogene Daten in standardisierter Form angeboten, integrierte Werkzeuge für die Modellierung und Nachhaltigkeitsbewertung von Landnutzungsoptionen bereitgestellt und über ein webbasiertes Portal für den Austausch von Wissen und zur Unterstützung von Entscheidungsprozessen für nachhaltige Landnutzung verfügbar gemacht werden.

Wie bewerten Sie die Bund-Länder-Strategie, langfristig den Aufbau einer nationalen Forschungsdateninfrastruktur zu finanzieren?

In der gemeinsamen Strategie von Bund und Ländern, langfristig in den Aufbau einer nationalen Forschungsdaten-Infrastruktur zu investieren, liegt die große Chance, die Datenrepositorien für diverse Forschungsdisziplinen, wie die Agrarwissenschaften, unter einem Dach koordinieren und langfristig bereitstellen zu können. Die Wichtigkeit hochgradig wertvolle Datenbestände einheitlich zu verwalten, transparent zu dokumentieren und frei zugänglich zu machen ist, wie bereits erwähnt, für die Wissenschaft von großer Bedeutung – vor allem auch um die Abgrenzung zu privaten Unternehmen und Datenbanken sicherstellen zu können.

Was erwarten Sie ein von einem modernen Forschungsdatenmanagement – für die Wissenschaft im Allgemeinen und für die Agrarforschung im Speziellen?

Fortschrittliches Forschungsdatenmanagement unterstützt im Allgemeinen bereits bei der Planung einer Datenerhebung. Eine weitere Standardisierung von Erfassung, Speicherung und Bereitstellung dieser Daten ermöglicht es dann, transparente und faire Kriterien für alle beteiligten Forschungspartner zu schaffen, Auffindbarkeit, Zugänglichkeit, Nutzbarkeit oder auch Interoperabilität mit Daten anderer Einrichtungen zu verbessern. Schließlich ist auch die Datensicherheit ein wichtiges Kriterium, das man gemeinsam sicher besser adressieren und gewährleisten kann. Für die Agrarforschung im Speziellen spielt Rechtssicherheit vor allem beim Umgang mit sensiblen Daten und räumlichen Informationen eine Rolle.

Wie kann man die sehr vielfältige und eher inhomogene agrarwissenschaftliche Community in den Aufbau einer Dateninfrastruktur integrieren?

Für die agrarwissenschaftliche Community liegt im Aufbau einer gemeinsamen Dateninfrastruktur eine besondere Bedeutung. Um eine Integration in der Community zu erreichen, wurden für NFDI4Agri bereits rund 20 wichtige Fachmultiplikatoren als Partner in das Konsortium eingebunden - diese reichen von der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft über die Deutsche Agrarforschungsallianz bis hin zur Deutschen Phytomedizinischen Gesellschaft. Weitere relevante Akteure werden bei der Ausgestaltung des Projektes identifiziert und integriert. Außerdem möchten wir gemeinsam an einem kulturellen Wandel in unseren Forschungsdisziplinen arbeiten – hin zu Verfügbarmachung von Daten. Dies möchten wir insbesondere dadurch erreichen, dass wir die vielen Vorteile dieser Art von Forschungsdatenmanagement kommunizieren. Hierzu wird die Community etwa mit Workshops und Umfragen gezielt eingebunden. Der Aufbau eines umfangreichen Feedbacksystems soll Bedürfnisse, Kritik und Verbesserungsvorschläge aufnehmen und integrieren.

Welche Erfolge erwarten Sie persönlich von NFDI4Agri in den ersten 5 Jahren?

Ich erwarte, dass man in den nächsten Jahren eine Plattform für den Wissensaustausch und Technologietransfer aufbauen und entwickeln kann, um zukünftig besser mit Interessengruppen aus der Politik, Forschung, Praxis und Gesellschaft in den Dialog zu treten. Ich erhoffe mir auch, dass die zukünftige Agrarforschungsdateninfrastruktur NFDI4Agri eine Vernetzung mit verwandten Dateninfrastrukturen mitdenkt, wie zum Beispiel NFDI4BioDiversity und NFDI4Earth, und eine gewisse Interoperabilität gewährleistet. Mit NFDI4Agri können wir, was die Datenbereitstellung angeht, eine Vorreiterrolle für Forschungseinrichtungen und -vorhaben im Agrarbereich einnehmen und zugleich eine abgestimmte Zusammenarbeit mit anderen Konsortien erreichen. Vor diesem Hintergrund wurde ja im Sommer 2019 die sogenannte „Berlin Declaration on NFDI Cross-Cutting Topics“ mit 10 weiteren disziplinären NFDI-Konsortien erstellt. Ich wünsche mir persönlich, dass es uns in den nächsten Jahren gelingt, die Akzeptanz für eine neue Datenkultur nachhaltig zu verankern - eine Kultur, die sich durch Offenheit und Transparenz auf der einen und einheitliche und faire Standards auf der anderen Seite auszeichnet.

Mit welchen Mitteln wird sich das ZALF an NFDI4Agri beteiligen, um ein relevanter Teil der NFDI zu werden?

Das ZALF wird u.a. die Forschungsdateninfrastruktur im BonaRes-Verbundprojekt auch nach dem Ende der Förderphase weiter betreiben, so dass sie weiterhin als Teil einer NFDI zur Verfügung stehen wird.

NFDI4Agri

Sprecher: Prof. Dr. Frank Ewert
Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) e.V.
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